Reisen mit Sinnen
04.04.2025

Zu Besuch auf der Insel Rolas – wo der Äquator São Tomé streift

Ein Reisebericht unserer Reiseleiterin Kathleen Becker

 

Mit einem Bein auf der Nordhalbkugel, mit dem anderen im Kokosnussparadies: Unsere erfahrene Reiseleiterin Kathleen Becker hat schon viele Male São Tomé und Príncipe bereist. Sie erzählt uns von ihrer spannenden Reise nach Rolas, der Insel, die direkt auf dem Äquator liegt.

Keine Reise nach São Tomé wäre komplett ohne einen Besuch auf dem Äquator, claro! Die imaginäre Linie des Äquators läuft durch 13 Länder. Eines davon São Tomé, auf dem vorgelagerten Inselchen Ilhéu das Rolas. Von unserer Unterkunft Praia Inhame aus sieht Rolas wie ein dicht bewaldetes Ufo aus. Von Inhame aus dauert die Überfahrt nur eine Viertelstunde. Unser kleines Boot wird normalerweise zum Fischen benutzt, erstmal müssen die Sitzbänke hereingetragen werden. Ausgestattet mit unseren Leucht-Rettungswesten schiffen wir uns in zwei Fuhren ein und Käpt’n Kenny steuert uns mit seiner typisch santomeer Sympathie sicher rüber. Aus Reiseleitungssicht ist Kennys fehlendes Englisch – genauso typisch – eine Garantie, dass unser Job zumindest hier noch nicht durch KI gefährdet ist ...

Ansicht einer Bucht, in der links und rechts die dunklen Felswände den weißen Sandstrand umranden. Im Hintergrund ist das blaue Meer.

Als wir an der Praia dos Pescadores ankommen, flickt ein junger Fischer gerade sehr fotogen sein buntes Netz auf der Kaimauer. Amigo Toy begrüßt uns mit einem strahlenden Lächeln. Seit Jahren arbeiten wir mit Toy zusammen. Nach unserer Wanderung um die Insel – gute drei Stunden dauert es, die knapp 3 Quadratkilometer zu umrunden – wird er uns am traumhaft schönen Praia-Café-Strand frischen Fisch servieren, mit frittiertem Maniok und Banane und Tropenobst. Heute wird eine Frau unser Guide sein, die dynamische Agostinha, Klein-Unternehmerin. Sie röstet ihren eigenen Kaffee und stellt Kokosöl her. Unter anderem.

Die Insel-Plantage Ilhéu das Rolas – "Tauben-Inselchen" – war einmal ein Satellit von Porto Alegre. Kokosnüsse wurden dorthin verschifft, um zu Öl und Seife verarbeitet zu werden. Auch heute noch stehen überall Kokospalmen, manche so hoch, dass sie zu Kolonialzeiten als Blitzableiter dienten. Überall liegen Kokosnüsse, knarzen unter unseren Wanderstiefeln, rollen weg und sprießen neue grüne Triebe. Am Wegesrand sitzen junge Männer und lassen Kokosnüsse auf einen Eisenstachel krachen, um sie zu öffnen. Manchmal – Vorsicht! – fällt eine vom Himmel. Einer unserer Mitreisenden, großer Kokos-Fan, hackt eine große grüne frische Kokosnuss mit seinem Taschenmesser auf und erklimmt dann einen Kokosberg fürs Gipfel-Foto. Die meisten Kokosnüsse der Insel gehen an die Fabrik Valúdo bei Trindade, die hochklassige und hochpreisige Produkte für Kosmetik und Kulinarik produziert.

Kokosnüsse, die gehäuft in einer Schubkarre gelagert sind.

Vor der Pandemie wurden Besucher noch mit frischem Kokossaft und einem lauwarmen Handtuch am „Pestana“-Pier empfangen, benannt nach Portugals größter Hotelkette, die hier ein Resort hatte, mit Riesen-Pool. Heute liegt alles brach – man munkelt, das Resort soll für Kreuzfahrtschiffe wiedereröffnen, aber wie viele saotomeer Munkel-Pläne kann das noch dauern, falls es je zustandekommt. Die Idee ist natürlich, die Anfahrt über die desolate Straße in den Süden zu vermeiden. Am Fischerstrand ragen noch die rostigen Streben des Transportschiffes aus dem Sand, auf dem in den achtziger Jahren die Baumaterialien für das Resort hierher kamen.

Die kleine Kapelle ist dem Heiligen Franziskus Xavier gewidmet, einem berühmten Jesuitenmissionar. Die etwa 150 Einwohner des Fischerdorfs São Francisco, erzählt Agostinha, leben von Kokosnussernte, Fischfang, Schweinezucht, Tourismus, Kunsthandwerk. Überall werden Schnitzereien und bunte afrikanische Kleidung und Accessoires angeboten. (Reiseleiter-Tipp für den Souvenirkauf: die Kokosnuss-Serviettenhalter, ein praktisches Objekt statt reines Stehrumchen.) Letztes Jahr hing ein geschnitztes Schild an der Verkaufsbaracke eines jungen Einheimischen: „Suche portugiesische Freundin.“ Die Emigrationswelle hält ungebrochen an, Zehntausende von jungen Santomeern suchen jedes Jahr ihr Glück in Portugal.

Heller Strand, an dem rostige Streben eines Transportschiffes aus dem Sand ragen. Im Hintergrund ist das blaue Meer mit kleinen Booten und die Umrisse einer Insel.
Seitlicher Blick auf eine Bucht, in der der weiße Sand von links nach rechts in die Wellen des blauen Meeres verläuft. Im Vordergrund steht ein Schild mir der Beschriftung "Praia Escada".

Lange Jahre versuchte die Pestana-Company vergeblich, auch die letzten Bewohner noch mit Entschädigungszahlungen von der Insel wegzulocken; dann hätten die Einheimischen hier nur noch Cocktails serviert und Betten gemacht. Fairerweise muss man sagen, dass Pestana aber auch immer Strom- und Wasserversorgung übernahm und immer noch die Dinge am Laufen hält. Das Gute am Wegfall des Resorts ist, dass die Locals ihre eigenen Projekte aufgezogen haben, wie informelle Übernachtungsmöglichkeiten: Wer mal zwei Nächte hier verbringt, fühlt sich wie in einer großen Familie. Unsere Guide Agostinha hat zum Beispiel einen botanischen Garten eingerichtet, der die wichtigsten Nutzpflanzen der Insel in all ihren Stadien und Verwendungszwecken zeigt – informativ und sozial. Ein Teil des Erlöses finanziert den Schulboottransport der älteren Kinder nach Porto Alegre. Dazu wurde im Grundschulgebäude eine richtig gute Ausstellung aufgezogen, zweisprachig portugiesisch-englisch, zur Insel und São Tomé und Príncipe. Ideal, um einen tropischen Regenguss auszusitzen.

Ob Regen oder Sonne, alle Besucher der Insel traben natürlich brav bergauf zum bunten Äquator-Monument, das man mit dem rechten Bein zuerst betreten soll, das bringt Glück. Und ja, die Mosaik-Weltkarte mit dem klobigen Denkmal für den Luftfahrts- und Landvermessungspionier Gago Coutinho bietet tolle Blicke und ein einschlägiges Gruppenbildmotiv: ein Bein auf der Nordhalbkugel, ein Bein auf der Südhalbkugel. Wir knabbern ein paar Strandmandeln und lassen uns ein Farn-Tattoo auf den Arm malen, das auf dunklen Armen natürlich viel besser aussieht. Agostinha bricht eine reife Kokosnuss auf und reibt sich im leichten Regen Gesicht und Arme mit Kokosnuss ein, supersinnlich. Äquator-Feeling! Tatsächlich aber ... haben wir den wahren Äquator schon auf dem Weg hierher gekreuzt, neben dem Dorf. Per Kompassfunktion auf dem Handy kann man sehen, wie neben dem Fischerdorf die Nadel zwischen 0 Süden und Norden hin und her springt. Nun ist leider die Äquatorlinie hier nicht markiert; statt Champagner-Äquatortaufen dient hier zur Orientierung eine kleine Müllanhäufung. Der deutsche Überlegungsansatz – Mensch, da könnte man doch was draus machen: ein geschnitztes Äquator-Schild hinstellen, Kokos-Cocktails servieren, Urkunden verkaufen, Geld verdienen … - greift hier nicht. Leve-leve ...

Eine mit bunten Plättchen dargestellte Karte auf dem Boden. Von dieser Plattform ist ein Ausblick auf sattgrüne Palmen und das blaue Meer.
Dunkle Felsen aus denen der Qualm der heißen Quellen hoch steigt. Im Hintergrund ist das blaue Meer.

Am Furnas-Strand bildet grellgrüne Kriechvegetation auf schwarzem Vulkangranit den fotogenen Hintergrund für die Gischt, die senkrecht aus einem großen „Blowhole“ steigt. Ganz in der Nähe der vielleicht schönste Strand der Insel: Praia Escadas - weißer Sand, türkisblaues Wasser, Riesenwellen krachen durch ein Felstor. An der nächsten Landspitze schwirren die eleganten Weißschwanz-Tropenvögel ganz nah an uns vorbei. Ponta Cabra heißt sie, nach einer Ziege, die aus Angst vor dem Kochtopf über die Klippe sprang. Auf die Praia Bateria – wieder so ein Traumstrand – gelangt man über eine wackelige Treppenkonstruktion, die immer wieder von Tropenstürmen zerkrümelt wird.

Auf der Zielgeraden gibt der größte Kapokbaum der Insel mit seinen dicken Schrankwurzeln ein schönes Fotomotiv. Aus diesen Bäumen werden Einbäume geschnitzt. Die weißen feinseidigen Büschel des auch „Seidenwollbaum“ genannten Tropenriesen werden hier „Haar der Toten“ genannt, und dem Baum werden magische Kräfte zugeschrieben. Ein Besuch des Praia Cafés ist die wohlverdiente Belohnung für die Wanderung. Das Essen ist wie immer superlecker, die Blätter der Strandmandel erinnern an Herbstlaub und komatöse Hunde liegen um die Holztische.

Eine große geöffnete Kokosnuss mit der Beschriftung "S-Tomé". Die Kokosnuss ist mit vielen dunkelbraunen Mandeln befüllt.

Vor dem Abschied verteilen wir noch die ausgedruckten Porträtfotos, die von der vorherigen Gruppe hier gemacht wurden; diese werden wirklich immer mit großer Freude angenommen und helfen ein bisschen Kontinuität zu schaffen. Vom Praia Café ist es nur noch ein Viertelstündchen zurück zum Fischerstrand. Der Kreis schließt sich. Kenny winkt uns vom Boot zu, große weiße Säcke mit Kokosnüssen werden verladen, Fische abgeladen; Kinder in löchrigen T-Shirts oder gleich splitterfasernackt rennen umher, lachen, weinen, spielen, streiten, lachen wieder – und wir verlassen Rolas, mit vielen Fotos, vielen Erinnerungen im Gepäck. Até a próxima! Bis zum nächsten Mal!

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