Regenerativer Tourismus
Bedingungen schaffen, in denen das Leben gedeiht
Vor Kurzem wurde bei uns der erste “Impuls-Vortrag“ gehalten. Die Idee dahinter ist, dass Themen, die aus dem Team kommen, allen Kolleg:innen im Rahmen eines Vortrags vorgestellt werden. So hat jede Person im Team die Möglichkeit, Fachwissen, Erfahrungen und Leidenschaften zu teilen. Den Anfang machte unser Mitarbeiter Julian Lührmann, der uns das Thema „regenerativer Tourismus“ nähergebracht hat. Diese Form des Tourismus’ zielt darauf ab, die Umwelt und lokale Gemeinschaften zu regenerieren – also etwas wiederherzustellen – und zu stärken.
Als auf nachhaltigen Tourismus spezialisierter Reiseveranstalter setzt sich REISEN MIT SINNEN von Unternehmensgründung an mit den Möglichkeiten auseinander, wie wir das in der Welt Unterwegssein für sowohl Reisende als auch die Gastgeber:innen an den Zielorten verbessern können. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass das Thema regenerativer Tourismus für unser Unternehmen Relevanz besitzt – in Anbetracht der Polykrisen rund um den Klimawandel, den Verlust der globalen Artenvielfalt und soziale Unruhen natürlich umso mehr.
Eine der Vorreiterinnen dieser Form des Tourismus, Dianna Dredge, definiert regenerativen Tourismus wie folgt: „Der regenerative Tourismus strebt danach sicherzustellen, dass der Tourismus einen insgesamt netto positiven Nutzen für Menschen, Orte und die Natur bringt und dass er die langfristige Erneuerung und das Gedeihen der Gemeinschaft, Umwelt und Wirtschaft unterstützt.“ Andere unterstreichen oft die aktive Beteiligung der Reisenden selber, was zunächst vielleicht an Reisekonzepte wie Voluntourismus erinnern könnte.
Doch was genau macht nun diese neue Form aus? Und wie kann regenerativer Tourismus vor Greenwashing geschützt werden, wie es leider häufig bei Unternehmen vorkommt, die sich das Nachhaltigkeitsmäntelchen umhängen? Wie können wir als Reiseveranstalter, welcher seit bald 30 Jahren ambitionierte Nachhaltigkeitsziele verfolgt, unser Unternehmen so lenken, dass unsere Kunden wirklich irgendwann durch ihr Reisen dazu beitragen, die besuchte Destination zu einem besseren Ort zu machen?
Anna Pollack, die absolute Koryphäe in diesem Bereich, formuliert es etwas salopper und empfiehlt, Bedingungen zu schaffen, in denen das Leben gedeiht. Hierin liegt ein Paradigmenwechsel für das System Tourismus. Nicht der Reiseveranstalter mitsamt seinen Partnern soll dieser Beschreibung nach gedeihen, sondern alle Beteiligten, also Einwohner:innen, Reisende, Ökosysteme und Gemeinschaften.
Eine Grundlage, um einen wirklich regenerativen Tourismus aufzubauen, ist es also, zu verstehen, dass alles mit allem zusammenhängt. Veranschaulichend könnte man sagen, dass ich als Angestellter bei einem Reiseveranstalter bei der Entwicklung eines Reiseprodukts beispielsweise auch der Bienenstock des Nachbarn des inhabergeführten Hotels in der italienischen Kleinstadt mitzubedenken habe.
Doch damit allein ist es noch nicht getan. Im Rahmen eines Workshops zum Thema regenerativer Tourismus unter Anleitung von Nadine Schmidt, einer praktizierenden Expertin in diesem Bereich, habe ich folgendes gelernt. Um wirklich regenerativen Tourismus anbieten zu können, gibt es eine Reihe von Schritten, die es einzuhalten gilt:
- verinnerlichen, was Regeneration wirklich bedeutet
- das Unternehmen als lebendige Organisation verstehen
- das Projekt mit dem Ort, seinen Bewohnern und den vorliegenden Prozessen aufeinander abstimmen
- die eigene Rolle als Koordinator:in der Wertschöpfungskette verstehen
- regenerative und transzendente Erlebnisse mit allen Beteiligten planen und gestalten
- Gespräche anregen und sich selbst in Frage stellen
Wenn man die Analogie zur Regeneration in der Landwirtschaft in den Hut wirft, könnte man sagen, der Impuls-Vortrag war zunächst das Aussäen der Saat. Wir sind nicht automatisch in der Lage, regenerative Tourismusprodukte anzubieten, weil wir jetzt mehr darüber gehört und es für erstrebenswert befunden haben. Die erforderliche kontinuierliche Realisierung und das dazugehörige Umlernen benötigen Zeit und Aufmerksamkeit, damit die Saat aufgehen, wachsen und gedeihen kann. Vor Allem benötigt es auch viel Austausch.
Bezugnehmend auf den Vortrag hat unsere Kapverden-Spezialistin Sandra Westermann danach von einem Programmpunkt auf einer ihrer Kapverden-Reisen erzählt. Unsere Gäste pflanzen dabei unter Anleitung eines lokalen Gärtners in der Hauptstadt Bäume, welche nachfolgend von den Anwohnern gepflegt und bewässert werden. Eine Aktion, welche die Destination durch Aufforstung tatsächlich ein Stückchen besser macht und ausnahmslos gut bei Teilnehmenden wie Einheimischen ankommt.
Auch weitere Produktmanager:innen berichteten von regenerativen Elementen in unseren Reisen, nicht ohne anzuerkennen, dass eine Transition zu einem rein regenerativen Tourismus eine langwierige und komplexe Aufgabe ist.