So läuft das Leben und Reisen
bei unseren Partnern weltweit
Viele Reiseziele sind zurzeit unerreichbar, trotzdem ist der Kontakt zwischen uns und unseren Partnern weltweit nicht abgerissen. Wir wollten wissen, wie es unseren Partneragenturen geht und wie sie die Pandemie bewältigen. Besonders erstaunlich, gemessen an den aktuellen Verhältnissen in Deutschland: In vielen Regionen verläuft das alltägliche Leben weitgehend normal, allerdings ohne Touristen. Einen wirtschaftlichen Schutzschirm wie in Deutschland gibt es dort nicht. Unsere Freunde und Partner aus Vietnam, São Tomé und Madeira berichten über ihre Erfahrungen, Sehnsüchte und Wünsche für die Zukunft.
Alle befragten Partneragenturen sehnen sich nach dem Austausch mit Familie und Freunden, Reisemöglichkeiten und der Rückkehr zur Normalität. Damit ähnelt ihre Stimmung der der Menschen hierzulande, aber im Detail gibt es große Unterschiede.
Das allgemeine Leben geht fast normal weiter
„Bisher hat sich mein Leben nicht wesentlich geändert. Ich selbst vermisse auf Madeira nichts. Alle Wanderungen, Bike-Touren oder andere Aktivitäten können durchgeführt werden,“ fasst Hannelore Cancian, Geschäftsführerin bei AlbanoAktiv, ihre Lebenssituation zusammen. Geschäfte, Friseure und Lokale haben geöffnet und können mit Maske besucht werden. Allerdings herrscht auf der Insel eine Ausgangssperre je nach Wochentag ab 18 oder 19 Uhr. Eine Absurdität, bei der man sich an den einen oder anderen deutschen Beschluss erinnert fühlen könnte: Als einziges haben Golfplätze komplett geschlossen, während Fitnessstudios geöffnet sind. Auch Tiziano Pisoni, Geschäftsführer des são-toméischen Partnerunternehmens von Reisen mit Sinnen sagt: „Wir hatten das Glück, unser normales Leben, inklusive Sport, ohne Einschränkungen fortsetzen zu können.“ Persönlich leidet er am meisten unter den fehlenden Reisemöglichkeiten, da er sonst mehrmals im Jahr im Ausland unterwegs ist.
Hier zeigt sich auch der große Unterschied zwischen den beiden Inseln: Während Madeira den Tourismus aufrechterhielt und laut Robert-Koch-Institut mittlerweile zu den Virusvariantengebieten gehört, isolierte sich São Tomé von der Welt, machte seine Grenzen weitgehend dicht und hat entsprechend wenig Erkrankungen und Todesfälle zu verzeichnen.
Auswirkungen auf die Tourismusbranche in Vietnam und São Tomé
Ähnliches erzählt Vu Min Anh, Gründer und Geschäftsführer der nachhaltig agierenden vietnamesischen Incoming-Agentur Terraverde Travel, über sein Land. Die Grenzschließung bei einer großen Volkswirtschaft wie Vietnam zog natürlich drastischere ökonomische Folgen nach sich als bei dem kleinen Inselstaat São Tomé e Príncipe. Die Auswirkungen auf den Tourismus waren jedoch in beiden Ländern gleichermaßen dramatisch. Für touristische Unternehmen brachen sowohl auf São Tomé als auch in Vietnam die Einkünfte radikal weg. Vu Minh Anh, der einst mit dem Flüchtlingsboot Cap Anamur nach Deutschland kam und nun wieder in Saigon lebt, berichtet: „Von einem Tag zum anderen hatte meine Familie kein Einkommen mehr, da meine Frau auch in unserer Firma arbeitet. Seit einem Jahr leben wir von Ersparnissen und kleineren Projekten. Unsere wichtigsten Mitarbeiter, die wir mit reduziertem Lohn noch halten können, müssen wir selbst finanzieren, da es keine staatliche Unterstützung gibt.“ Mehr als 70 Prozent seiner Festangestellten musste Vu Minh Anh entlassen.
Unser são-toméische Partnerunternehmen steht hingegen besser da. Tiziano Pisoni bleibt optimistisch: „Wir konnten etwas Unterstützung zur Initiierung eines Schulungsprojektes in Anspruch nehmen. Das Projekt ermöglichte uns, alle Direktbeschäftigten unserer Reiseagentur zu halten. Aber im Hotel, das zurzeit etwa 10 Prozent der normalen Auslastung hat, arbeiten die meisten Angestellten nur 50 Prozent mit entsprechend weniger Gehalt. Allerdings entwickelt die Regierung gerade ein Gesetz, das ein System ähnlich der deutschen Kurzarbeit ermöglicht.“ Insgesamt wurde der Tourismussektor auf São Tomé mit einem Einbruch von etwa 75 Prozent hart getroffen. Viele dort Tätige konnten durch Beschäftigungen in anderen Bereichen ihre Einbußen aber teilweise auffangen, wobei das Wegbleiben der Touristen auch Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige hat: Es gibt weniger Abnehmer für Landwirtschafts- und Fischereiprodukte; Künstler und Folkloregruppen verloren ihre Zuschauer.
In der Krise zeigt sich Charakterfestigkeit, und ob man es mit seinen Werten ernst meint.
So formuliert Tiziano Pisoni als größten Wunsch, dass „es möglich ist, eine globale Lösung zu finden, das Sterben zu beenden. Ich hoffe, dass Impfungen bald auch in den ärmsten Ländern erhältlich sein werden und es nicht mal wieder aus ökonomischen Gründen zu Benachteiligungen kommt.“ Auch Vu Minh Anhs Herzenswunsch wäre es, andere mehr unterstützen zu können, konkret seine Mitarbeiter, die – teilweise altersbedingt – wirtschaftlich weniger Alternativen haben. Nicht nur an sich selbst denken, ist die Devise. „In der Krise zeigt sich Charakterfestigkeit, und ob man es mit seinen Werten ernst meint.“
Post-Corona-Perspektiven
Einig sind sich alle Partner, dass die Krise zu mehr Zusammenhalt und bewussterem Umgang beigetragen hat. Vu Minh Anh meint, Corona führe zu „mehr Wertschätzung für das, was man hat, und es gibt auch viele schöne menschliche Begegnungen, die bisher zu kurz kamen. Durch Corona werden die Menschen bewusster leben und reisen.“
Auch Tiziano Pisoni hofft, dass sich die Art des Reisens ändern könne. „Die Pandemie gab uns die Zeit, über unser Lebensmodell nachzudenken. Die Menschen werden sich mehr hin zu Naturreisen orientieren, um Orte, wo sich viele Menschen konzentrieren, zu vermeiden.“ Hier sieht er eine große Chance für den são-toméischen Tourismus, da der Inselstaat mit Naturschätzen reich gesegnet und bisher wenig von Umweltverschmutzung betroffen sei. Konkret haben viele touristische Unternehmen auf São Tomé die Zeit genutzt, ihre Infrastruktur zu optimieren und für das Wiedereinsetzen des Reisens besser gerüstet zu sein.
Dasselbe berichtet auch Hannelore Cancian für ihr Unternehmen. Zudem stellt sie die stärkere Zusammenarbeit als positives Ergebnis heraus: „Die einzelnen Veranstalter hier auf Madeira haben mehr miteinander kommuniziert und sich gegenseitig über Termine informiert. Ich hoffe, dass das so bleiben wird und nicht wieder jeder wie vorher mit wenigen Gästen losziehen wird.“
Kommentar schreiben
Kommentare
Keine Kommentare